Joseph Haydn: Leben und Wirken


Ausgewähltes zu Haydns Leben und Wirken

joseph-haydnJoseph Haydn wurde am 31. März 1732 als Sohn eines Wagners in dem Marktflecken Rohrau, Niederösterreich, geboren. Unendlich einfach, aber von Musik erfüllt, verlief seine Jugend. Im Elternhaus wurde viel musiziert und mit den Nachbarn häufig gesungen. Im Alter von sechs Jahren wurde er 1738 zu Vetter Frank nach Hainburg an der Donau geschickt, um als Chorsänger ausgebildet zu werden. Er erlernte Klavier und Violine. Die schöne Stimme war eine Gottesgabe.

Im Jahr 1740 wurde er von Georg von Reutter, dem musikalischen Direktor des Stephansdomes in Wien, entdeckt, als dieser durch die Provinz reiste, um talentierte Chorknaben zu finden. Dort lebte er neun Jahre als Chorsänger und lernte die spätbarocke Kunst- und Kirchenmusik der Zeit in ihrem ganzen Umfang und in praktischer Übung kennen.

Wegen des Stimmwechsels – er konnte die hohen Stimmen nicht mehr singen – und eines Jungenstreiches wurde Haydn 1749 aus seiner Stelle entlassen.

Als 16-jähriger begann er seine Karriere als freier Musiker. Für sein Brot musste er sich nun selbst sorgen. Da und dort verdiente er sich einige Gulden bei der Kirchenmusik oder er spielte bei den in Wien so häufigen Serenadenmusikern und in Tanzorchestern mit. Hier erwarb er sich eine genaue Kenntnis der österreichischen Volksmusik; sie sollte zum Wurzelboden seiner späteren Kompositionen werden. Denn Haydn schrieb nicht nur Sonaten, Solokonzerte und Symphonien, sondern auch Ländler, Kontertänze, Quadrillen und „walzerische Deutsche“, also nachempfundene Volksmusik.

In dieser beschwerlichen, etwa zehn Jahre andauernden Periode, bemühte er sich auch, die Lücken in seiner Ausbildung zu füllen und schrieb 1755 im Auftrage von Baron Fürnberg, einem besonderen Gönner, seine ersten Streichquartette und seine erste Oper für die dort regelmäßigen Kammermusikabende. Um diese Zeit war er auch zeitweise freischaffend für den Wiener Hof tätig und fungierte u. a. als „Extra Musicus“ bei Bällen oder zur Ergänzung als zusätzlicher Sänger in der Hofkapelle. Er versorgte sich auch gelegentlich gegen freie Kost durch Unterrichtungen am Klavier.

Vermutlich um 1759 wurde Haydn als Musikdirektor von dem böhmischen Grafen Karl von Morzin auf Schloss Dolní Lukavice bei Pilsen verpflichtet. Er dirigierte eine kleine, aber mit ausgezeichneten Musikern besetzte Kapelle und schrieb seine ersten Symphonien. Graf Morzin geriet bald in finanzielle Schwierigkeiten, die ihn zur Aufgabe seiner musikalischen Unternehmungen zwangen.

1760 heiratete Haydn Maria Anna Aloysia Keller, die Tochter eines damals noch wohlhabenden, hofbefreiten Perückenmachers. Die Ehe blieb kinderlos, was Haydn sehr bedauerte. Sie stellte sich bald als unglücklich heraus: seine Frau war streitsüchtig und hatte wenig Verständnis für seine Musik. 1761 siedelte Haydn mit seiner Frau nach Eisenstadt über. Hier hatte ihn Fürst Esterházy zunächst als Vize-, dann 1766 als ersten Kapellmeister verpflichtet. Er folgte der Familie Esterházy in deren drei Hauptresidenzen: Familiensitz Eisenstadt, Winterpalast Wien und Schloss Esterháza.

Es waren dabei außerordentliche Anforderungen, die man hier an Haydn stellte. Haydn hat oft geseufzt unter dem gerüttelt Maß an täglicher Arbeit mit Komponieren, Abschreiben von Noten, Leitung und Überwachen der Musiker, Spielen von Kammermusiken, Unterrichtungen und schließlich Arrangieren von Opernproduktionen. Doch er war auch dankbar über die Zufriedenheit der Esterházy-Fürsten Paul Anton und Nikolaus I. Man schätzte seine Arbeit und gab ihm das nötige Umfeld für seine künstlerische Entwicklung.

Der künstlerische Ertrag war entsprechend reich und bedeutsam. An größeren Werken komponierte er Messen und Kirchenstücke und für das Theater eine große Anzahl Opern; weiter dann Symphonien, Quartette, Trios und diverse Lieder. Große Feste fanden in dem riesigen Schloss Esterháza statt. Die Kaiserin Maria Theresia soll bemerkt haben, „wenn sie Opern sehen wolle, müsse sie von Wien nach Esterhaz fahren“.

Haydn war inzwischen als Komponist bekannt geworden. Während der fast dreißig Jahre, die Haydn im Hause Esterházy arbeitete, hatten seine Kompositionen ihren Weg nicht nur nach Wien und in die musikalische Öffentlichkeit gemacht, sondern auch im Ausland Anklang und Nachfrage gefunden (Orchesterversion der „Sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“, 1786). Sein musikalischer Stil entwickelte sich ständig weiter; seine Popularität vergrößerte sich entsprechend auch in der Außenwelt.

Seit etwa 1781 bestand eine enge Freundschaft Haydns mit Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791), dessen Werk er schon über Jahre hinweg beeinflusst hatte. Die zwei Komponisten genossen es sehr, in Streichquartetten zusammenzuspielen. Haydn war sehr beeindruckt von Mozarts Werk.

Es ist augenfällig, dass Haydn zu dieser Zeit weitgehend aufhörte, Opern und für Konzerte zu schreiben, zwei Gattungen, in denen Mozart am stärksten war. Mozart dagegen arbeitete hart an sechs Streichquartetten, die mit dem Niveau mithalten konnten, das Haydn mit seiner kurz davor vollendeten Reihe Opus 33 erreicht hatte: russische Quartette genannt, gewidmet dem Großherzog Paul von Russland. Als Mozart damit 1985 fertig war, widmete er seinerseits die Quartette seinem Freund: daher die sechs Haydn-Quartette.

Haydn wurde 1785 in die Wiener Freimaurerloge „Zur wahren Eintracht“ aufgenommen, in der Mozart auch Mitglied war. Durch beider Logenzugehörigkeit erhielt diese Freundschaft eine zusätzliche Facette.

Das Leben auf Esterháza verstummte 1790 ganz plötzlich durch den Tod des Fürsten Nikolaus l. Der Nachfolger war völlig unmusikalisch, entließ unverzüglich die Kapelle und schickte Haydn in Pension. Haydn blieb mit einem Gehalt von 1400 Gulden der Form nach in Diensten des Fürsten, ohne zu Leistungen verpflichtet zu sein. Er war nun frei und übersiedelte nach Wien.

Der Londoner Konzertunternehmer Johann Peter Salomon unterbreitete Haydn ein lukratives Angebot nach England zu gehen und seine Symphonien mit einem großen Orchester aufzuführen. Die erste Reise nach London von 1790 bis 1792 war ein großer Erfolg. In Erfüllung seines Vertrages arbeitete er besessen an neuen Symphonien, u. a. „Symphonie mit dem Paukenschlag“ / „Das Wunder“. Nach den ersten Konzerten hieß es in einer Londoner Zeitung:

„Nie vielleicht hatten wir einen reicheren musikalischen Genuss. Gleich unserem Shakespeare bewegt und regiert er die Leidenschaften nach seinem Willen“. Schon 1790 erhielt Haydn anlässlich seiner ersten Londoner Reise die Ehrendoktorwürde der Universität Oxford.

Aus London zurückgekehrt trafen sich 1792 Haydn und Ludwig van Beethoven (1770–1827) in der Godesberger Redoute bei Bonn. Der 21-jährige Beethoven spielte Haydn vor; beide verabredeten, dass er eine zweite Studienreise nach Wien unternehmen solle, um Meisterschüler von Haydn zu werden; so geschah es dann auch.

Indessen hatte Haydn auch Sorgen und Ärger. Salomon entzweite sich mit den übrigen Vorstehern der Konzerte, rief aber kurzerhand ein zweites Konzertunternehmen mit wöchentlichen Aufführungen ins Leben. Auch hier hatte Haydn vertragsgemäß zu jedem Konzert ein neues Stück zu liefern.

Von 1794 bis 1795 unternahm Haydn seine zweite Reise nach London und erfreute dort sein Publikum durch neue Schöpfungen, u.a. „Militär-Symphonie“ / „Die Kur“ / „Mit dem Paukenwirbel“ / „Solomon- oder Londoner-Symphonie“.

Haydn überlegte sogar, englischer Bürger zu werden und sich dauerhaft dort niederzulassen, doch kehrte er wieder nach Wien zurück.

Den endlich Zurückgekehrten beauftragte sein Fürst, nunmehr Nikolaus II., große Messen für Eisenstadt zu schreiben. Bis 1802 entstanden davon sechs Stück.

Zwei weitere schwere Aufgaben standen Haydn noch bevor. Die Komposition von zwei Oratorien: „Die Schöpfung“ (1796–1798) und „Die Jahreszeiten“ (1799–1801). Die Menschen erfreuten sich in der Schöpfung an Haydn einfallsreicher musikalischer Darstellung der Natur. Haydn selbst fand sein Thema inspirativ und seiner eigenen Aussage nach war die Komposition für ihn eine religiöse Erfahrung. Er arbeitete an dem Projekt bis zur Erschöpfung und tatsächlich erkrankte er nach der Uraufführung für längere Zeit.

Die Komposition der Jahreszeiten machte Haydn ebenfalls viel Mühe. Aber das Werk selbst verrät nichts von einem Nachlassen seiner Erfindungskraft.

Haydn starb am 1809 nach einem Angriff der französischen Armee unter Napoleon auf Wien an allgemeiner Entkräftung. Er wurde auf dem Hundsthurmer Friedhof beerdigt. Vierzehn Tage später erfolgte in der Wiener Schottenkirche ein feierlicher Gedenkgottesdienst mit Mozarts Requiem. 1814 stiftete sein Schüler Sigismund von Neukomm ein Grabmal, das heute noch zu sehen ist.

Die Familie Esterházy zeigte zunächst kein Interesse, den Toten angemessen zu würdigen. Erst 1820 ließ Fürst Nikolaus II. Haydn exhumieren und nach Eisenstadt in die Bergkirche, heute Haydnkirche, überführen. Dabei entdeckte man, dass der Schädel des Komponisten fehlte. Von Anhängern der Gallschen Lehre geraubt, blieb dieser lange verschollen. Er ging durch etliche Hände und Sammlungen, wurde wieder entdeckt, von Wissenschaftlern untersucht, beschrieben und verglichen.

Erst im Jahre 1954 gelangte der Schädel nach einem Festzug von Wien nach Eisenstadt und konnte mit dem Rest der Gebeine vereint werden. Der Bildhauer Gustinus Ambrosi durfte ihn in den Sarkophag legen und konnte damit endlich nach 145 Jahren die Totenruhe von Joseph Haydn herstellen.